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Der Ausschluss des Arbeitgeberzuschusses

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Der Ausschluss des Arbeitgeberzuschusses nach § 1a Abs. 1a BetrAVG durch Tarifvertrag

Die mit Spannung erwarteten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zu der Frage, ob Ansprüche aus § 1a Abs. 1a BetrAVG aufgrund des § 19 Abs. 1 BetrAVG auch dann ausgeschlossen werden können, wenn der Tarifvertrag vor dem Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetz abgeschlossen wurde, haben keine Rechtsklarheit verschafft. In beiden Verfahren (BAG 08. März 2022 3 AZR 361/21 und 3 AZR 362/21) ist das Bundesarbeitsgericht nicht näher auf diese Frage eingegangen.

Die Änderungen im BetrAVG durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz

Am 01. Januar 2018 ist das Betriebsrentenstärkungsgesetz in Kraft getreten. Im Rahmen dieses Gesetzes hat der Gesetzgeber § 1a BetrAVG durch einen weiteren Absatz ergänzt. In § 1a Abs. 1a BetrAVG heißt es nun: Der Arbeitgeber muss 15 Prozent des umgewandelten Entgelts zusätzlich als Arbeitgeberzuschuss an den Pensionsfonds, die Pensionskasse oder die Direktversicherung weiterleiten, soweit er durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart.

Hinzugetreten ist zudem die Regelung in § 19 Abs. 1 BetrAVG. Hierin heißt es: Von den §§ 1a, 2, 2a Absatz 1, 3 und 4, § 3, mit Ausnahme des § 3 Absatz 2 Satz 3, von den §§ 4, 5, 16, 18a Satz 1, §§ 27 und 28 kann in Tarifverträgen abgewichen werden. Ob die Regelung in § 19 Abs. 1 BetrAVG nur auf Tarifverträge Anwendung findet, die nach dem Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetz abgeschlossen werden, hat der Gesetzgeber nicht festgelegt. Der Sachverhalt Das Bundesarbeitsgericht musste sich mit den Regelungen der §§ 1a Abs. 1a, 19 Abs. 1 BetrAVG am 08. März 2022 in gleich zwei Verfahren beschäftigen. Die Parteien stritten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin, einen Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 15% des umgewandelten Entgelts gemäß § 1a Abs. 1a BetrAVG zu zahlen. Die klagenden Arbeitnehmer wandelten auf der Grundlage des Tarifvertrags zur Altersversorgung aus dem Jahr 2008, der zwischen dem Landesverband Niedersachsen und Bremen der Holz- und Kunststoffverarbeitenden Industrie e.V. und der IG-Metall geschlossen worden ist, Entgelt zu einem Pensionsfonds der MetallRente um. In der Entscheidung 3 AZR 361/21 kommt der Tarifvertrag aufgrund beidseitiger Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien zur Anwendung. In der Entscheidung 3 AZR 362/21 aufgrund eines normativ anwendbaren Haustarifvertrags aus dem Jahr 2019, der auf den Tarifvertrag zur Altersversorgung verweist. Der Tarifvertrag zur Altersversorgung eröffnet den Arbeitnehmern die Möglichkeit, Entgelt bis zur steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Höchstgrenze umzuwandeln. Gemäß §§ 3 und 5 des Tarifvertrags gewährt die Arbeitgeberin zusätzlich einen Altersversorgungsgrundbetrag in Höhe des 25-fachen Facharbeiterecklohns pro Kalenderjahr. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts Das Bundesarbeitsgericht ist in beiden Verfahren zu dem Ergebnis gelangt, dass den Klägern kein Anspruch aus § 1a Abs. 1a BetrAVG zusteht. Im Verfahren 3 AZR 361/21 hat das Bundesarbeitsgericht als Begründung angeführt, der Kläger habe aufgrund der Übergangsregelung des § 26a BetrAVG zumindest für den geltend gemachten Zeitraum für die Monate Mai 2019 bis April 2020 keine Ansprüche nach § 1a Abs. 1a BetrAVG. Gemäß § 26a BetrAVG gilt § 1a Abs. 1a BetrAVG für individual- und kollektivrechtliche Entgeltumwandlungsvereinbarungen, die vor dem 01. Januar 2019 geschlossen worden sind, erst ab dem 01. Januar 2022. Die Regelung bezweckt, bereits bestehende Entgeltumwandlungsvereinbarungen in ihrem Bestand zu schützen und nur ab diesem Zeitpunkt neu abgeschlossene Entgeltumwandlungsvereinbarungen zu erfassen. Im Falle des Klägers enthalte der Tarifvertrag zur Altersversorgung eine abschließende kollektivrechtliche Entgeltumwandlungsvereinbarung im Sinne des § 26a BetrAVG vor dem 01. Januar 2019 und schließe somit den Anspruch des Klägers aus § 1a Abs. 1 a BetrAVG jedenfalls bis zum 31. Dezember 2021 aus. Im Parallelverfahren 3 AZR 362/21 begründet das Bundesarbeitsgericht seine Entscheidung damit, dass mit den Regelungen des Haustarifvertrags in Verbindung mit dem Tarifvertrag zur Altersversorgung eine abweichende Regelung im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrAVG vorliege, die nach dem 01. Januar 2019 geschlossen wurde und daher den Anspruch des Klägers nach § 1a Abs. 1a BetrAVG ausschließe. § 19 Abs. 1 BetrAVG ermöglicht jedenfalls ein Abweichen von § 1a BetrAVG durch Tarifverträge, die nach dem Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetz abgeschlossen worden sind. Diese Voraussetzung liegt im Falle des Haustarifvertrags aus dem Jahr 2019 vor. Das Bundesarbeitsgericht stellt klar, dass maßgeblich auf den Haustarifvertrag und nicht auf den Tarifvertrag zur Altersversorgung abzustellen ist. Nur der Haustarifvertrag wirke normativ und die Tarifvertragsparteien konnten die gesetzliche Entwicklung in ihre Entscheidungen einbeziehen. Sind die Ansprüche der Kläger auch nach § 19 Abs. 1 BetrAVG ausgeschlossen? Das Bundesarbeitsgericht hat diese Frage offen gelassen. Die Problematik liegt darin, dass der Tarifvertrag zur Altersversorgung aus dem Jahr 2008 stammt und somit vor dem Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetz am 01. Januar 2018 und vor Einführung der Regelung des § 19 Abs. 1 BetrAVG abgeschlossen worden ist. Eine Anwendung des § 19 Abs. 1 BetrAVG hätte zur Folge, dass der Anspruch aus § 1a Abs. 1a BetrAVG durch vor 01. Januar 2018 geschlossene Tarifverträge nicht nur vorübergehend bis zum Ablauf der Übergangsregelung aus § 26a BetrAVG ausgeschlossen würde. Am Ende der Urteilsgründe liest man zu der Frage den folgenden Satz: Es kann daher offenbleiben, ob der Anspruch des Klägers wegen des TV AV auch aufgrund § 19 Abs. 1 BetrAVG nicht nur vorübergehend ausgeschlossen war oder ob dem entgegensteht, dass er vor dem Betriebsrentenstärkungsgesetz abgeschlossen wurde. Im Verfahren 3 AZR 362/21, in dem der Tarifvertrag zur Altersversorgung aufgrund des Haustarifvertrags Anwendung findet, hat das Bundesarbeitsgericht die Urteilsgründe wie folgt ergänzt: Denn maßgeblich ist hier auf den HausTV und nicht auf den TVAV abzustellen. Nur der HausTV wirkt normativ und bei dessen Abschluss konnten die Tarifvertragsparteien unproblematisch die gesetzliche Entwicklung in ihre Entscheidungen einbeziehen. Er wurde nämlich am 15. April 2019 und damit nach dem Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes am 01. Januar 2018 und sogar nach Ablauf der in § 26a BetrAVG genannten Übergangsfrist, die mit dem Jahr 2018 endete, geschlossen. Es besteht daher weiterhin Rechtsunsicherheit. Da in der Praxis eine Vielzahl von Tarifverträgen betroffen sein wird, wäre eine klarstellende Beantwortung dieser Frage wünschenswert gewesen.

 
 
 
 
 
 
 
 

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