Schadenersatzansprüche nach Kartellbuße

In Kartellrechtsverletzungsverfahren geht es immer um viel Geld. Einem Verfahren vor dem Landgericht Saarbrücken lag ein Bußgeldbeschluss der Europäischen Kommission von über 71 Mio. Euro zugrunde. Ein Unternehmen klagte gegen sein ehemaliges Vorstandsmitglied auf teilweise Erstattung der auferlegten Kartellbuße und Erstattung entstandener Anwaltskosten in Höhe von ca. 2,7 Mio. Euro. Dieser Prozess war nicht nur wegen der zugrundeliegenden Beträge rekordverdächtig, sondern auch wegen der Prozessdauer. Über vier Jahre benötigte das Landgericht Saarbrücken bis zu einem Urteil.

Das Gericht hat die Klage gegen den Vorstand abgewiesen, mit der Begründung, der Anspruch sei verjährt.

Ansprüche nach § 93 Abs. 2 AktG verjährten nach der damals maßgeblichen Rechtslage in fünf Jahren. Durch eine Gesetzesänderung wurde die Verjährungsfrist für börsennotierte Aktiengesellschaften auf zehn Jahre ausgedehnt. Obgleich der Bußgeldbeschluss der Europäischen Kommission dem Unternehmen erst am 30. Juni 2010 zugegangen war, kam das Gericht zu der Auffassung, dass jedenfalls Ende November 2010 der Anspruch verjährt war. Das Unternehmen hatte schon im November 2005 eine Rechtsanwältin zur Beantwortung des Auskunftsersuchens der EU-Kommission beauftragt. Ein solches Auskunftsersuchen setzt den Verdacht eines Kartells voraus. Das Unternehmen musste deshalb davon ausgehen, dass eine Kartellbuße auferlegt wird, jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der objektiven Vorhersehbarkeit. Der Zeitpunkt der objektiven Vorhersehbarkeit sei für den Verjährungsbeginn maßgeblich. Ein Unternehmen könne nicht zuwarten, bis der Bußgeldbescheid vorliegt und alle Anwaltskosten abgerechnet sind. Es muss vielmehr ab dem Tag der objektiven Vorhersehbarkeit den Ablauf der Verjährungsfrist im Blick haben. Mit dieser Auffassung setzte sich das Landgericht Saarbrücken in Widerspruch zu einem Urteil des Landgerichts Köln vom 10. Januar 2019. Da nicht absehbar ist, welche Rechtsansicht sich beim Bundesgerichtshof durchsetzt, müssen die Unternehmen frühzeitig verjährungsunterbrechende Maßnahmen ergreifen. Dies kann durch eine Vereinbarung geschehen, wonach auf die Einrede der Verjährung verzichtet wird oder es wird eine Feststellungsklage erhoben.

Die Auffassung des Landgerichts Saarbrücken ist nicht nur für Kartellrechtsverletzungsverfahren und daraus resultierende Schadenersatzansprüche wichtig, sondern für alle Arten von Schadenersatzansprüchen gegen Vorstände und Geschäftsführer. Geschäftsführer einer GmbH haften nach § 43 Abs. 2 GmbHG. Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre.

Ganz am Ende des Urteils lässt uns das Landgericht Saarbrücken mit einem dürren Satz wissen, dass es der Auffassung sei, dass Schadenersatzansprüche nach Kartellbußen ohnehin nicht bestehen würden. Auf eine nachvollziehbare Begründung wird im Urteil verzichtet.

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