Bonusanspruch bei unterbliebener Zielvereinbarung?
Häufig werden in Dienstverträgen mit Geschäftsführern und Vorständen aber auch in Arbeitsverträgen variable Entgeltbestandteile ausgelobt, die nach dem Grad erreichter Ziele auf der Basis einer zum Jahresbeginn abgeschlossenen Zielvereinbarung bezahlt werden. Es ist keine Seltenheit, dass aus unterschiedlichsten Gründen der Abschluss einer Zielvereinbarung unterbleibt. Das Bundesarbeitsgericht hat sich in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 17. Dezember 2020 (8 AZR 149/20) mit dieser Problematik befasst und wichtige Rechtssätze aufgestellt.
Im Einzelnen:
- Verstößt ein Arbeitgeber schuldhaft gegen seine arbeitsvertragliche Verpflichtung, für eine Zielperiode gemeinsam mit dem Arbeitnehmer Ziele festzulegen, kann dies nach Ablauf der Zielperiode einen Schadenersatzanspruch auslösen. Eine Festlegung von Zielen für eine vergangene Zielperiode ist ausgeschlossen. Voraussetzung für den Schadenersatzanspruch ist jedoch nicht nur der Umstand, dass für die Zielperiode keine Zielvereinbarung zustande gekommen ist, sondern auch, dass der Arbeitgeber sich in Verzug befunden hat. Verzug liegt entweder vor, wenn im zugrundeliegenden Vertrag ein Termin vereinbart ist, zu dem die Zielvereinbarung zustande gekommen sein muss, oder wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber gemahnt hat, eine Zielvereinbarung abzuschließen.
- Bei der dann notwendigen abstrakten Schadensberechnung ist davon auszugehen, dass ein Arbeitnehmer vereinbarte Ziele erreicht hätte, wenn nicht besondere Umstände diese Annahme ausschließen. Beruft sich der Arbeitgeber auf solche besonderen Umstände, muss er dies darlegen und gegebenenfalls beweisen.
- Das Bundesarbeitsgericht geht nicht davon aus, dass der Abschluss einer Zielvereinbarung automatisch den in Aussicht gestellten variablen Vergütungsanteil auslöst. Das Gericht weist in diesem Kontext darauf hin, dass eine Zielvereinbarung ihre Anreizfunktion nicht gerecht wird, wenn festgelegte Ziele vom Arbeitnehmer von Vornherein nicht erreicht werden können. Ein Arbeitgeber kann sich der im Rahmen einer Zielvereinbarung zugesagten Bonuszahlung nicht dadurch entziehen, dass er vom Arbeitnehmer Unmögliches verlangt und nur bereit ist, Ziele zu vereinbaren, die kein Arbeitnehmer erreichen kann.
- Der Arbeitnehmer, der sich weigert an Gesprächen über den Abschluss einer Zielvereinbarung teilzunehmen oder auf andere Weise verhindert, dass eine Zielvereinbarung nicht zustande kommt, muss sich ein Mitverschulden im Rahmen eines Schadenersatzanspruches anrechnen lassen, sodass der Schadenersatzanspruch deutlich geringer ausfallen kann, als der im Arbeitsvertrag ausgelobte Bonus für den Fall einer 100%igen Zielerreichung.