Kommentar zum Betriebsrätemodernisierungsgesetz

Das im Koalitionsvertrag zugesagte Geschenk an die SPD wurde eingelöst. Mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz wird unter dem Druck der Coronapandemie das Betriebsverfassungsgesetz geändert und auf die dynamische Digitalisierung der Arbeitswelt moderat angepasst.

Zum Entwurf –> https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetze/Regierungsentwuerfe/reg-betriebsraetemodernisierungsgesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=1

Fünf unterschiedliche Regelungsinhalte präsentiert uns der Gesetzgeber, und zwar:

  1. Ein erleichtertes Wahlverfahren für Betriebe mit zu bis 100 Arbeitnehmern.
  2. Die Fortschreibung der Pandemiesonderregelungen auf Dauer, wonach die Betriebsratsarbeit unter Einsatz von moderner Videotechnik und Telefonie durchgeführt werden kann.
  3. Der Arbeitgeber ist für den Datenschutz bei der Betriebsratsarbeit verantwortlich.
  4. Homeofficeregelungen unterliegen der Mitbestimmung nach § 87 BetrVG.
  5. Der Kündigungsschutz für Arbeitnehmer, die sich für die erstmalige Wahl eines Betriebsrats stark machen, wird gestärkt.

Kernthemen sind das erleichterte Wahlverfahren, verknüpft mich dem stärkeren Kündigungsschutz und das neue Initiativrecht im Zusammenhang mit Homeofficeregelungen.

In der Gesetzesbegründung stellt die Bundesregierung dar, dass je nach Region nur zwischen 9 und 10 Prozent der betriebsratsfähigen Betriebe über einen Betriebsrat verfügen und dass je nach Region nur zwischen 36 und 41 Prozent der Mitarbeiter durch einen Betriebsrat vertreten werden.

Mit den Regelungen zum erleichterten Wahlverfahren, soll dem begegnet werden. Es ist offensichtlich das Ziel, dass sich in mehr Betrieben als bislang Betriebsräte etablieren. Ob sich dieses Ziel durch die gesetzliche Neuregelung erreichen lässt, ist zweifelhaft, weil für die Frage, ob Mitarbeiter einen Betriebsrat wählen, nicht das Wahlverfahren entscheidend ist, sondern die Bereitschaft von Arbeitnehmern einen solchen Betriebsrat zu installieren. Offensichtlich fehlt es in großem Stil an dieser Bereitschaft. Warum die Bundesregierung mit diesen Neuregelungen den Hund zum Jagen tragen möchte, bleibt ihr Geheimnis. Gerade in mittelständischen Unternehmen und familiengeführten Unternehmen ist das Vertrauen in die Redlichkeit der Inhaber des Unternehmens für die Mitarbeiter wichtiger als ein gewählter Betriebsrat der – durchaus – Sand im Getriebe sein kann, wie unzählige Beispiele aus der betrieblichen Praxis belegen.

Das Homeoffice wurde zur Allzweckwaffe der Pandemiebekämpfung. Minister waren sich nicht zu schade, für ein Recht auf Homeoffice zu plädieren. Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind mit wenigen Worten nicht zu beschreiben, beginnend von der Machbarkeit über Datenschutz, Arbeitssicherheit und Kontrolle, Geheimhaltungspflichten, entstehende Kosten und vieles mehr. Ein zentrales Thema war in der bisherigen Diskussion auch die Frage der Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Einrichtung und Durchführung von Heimarbeitsplätzen. Mit dem jetzt vorliegenden Gesetz wird dem Betriebsrat ein Initiativrecht eingeräumt. Der Betriebsrat hat mitzubestimmen über die Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird. Initiativrecht bedeutet, dass der Betriebsrat auf eigene Veranlassung hin den Arbeitgeber an den Verhandlungstisch zwingen kann und am Ende eine Regelung über eine Einigungsstelle durchsetzen kann. Das Mitbestimmungsrecht geht nicht soweit, dass der Betriebsrat darüber mitbestimmt, ob der Arbeitgeber bereit ist Homeoffice Arbeitsplätze einzurichten. Das Mitbestimmungsrecht konzentriert sich auf die Ausgestaltung solcher Arbeitsplätze. Zur Ausgestaltung zählen Fragen wie die zur Verfügungstellung von technischen Geräten, die Übernahme anteiliger Kosten der Wohnung des Arbeitnehmers, die zur Verfügungstellung von arbeitssicherheitsgerechten Büromöbeln oder Fragen des Zutrittsrechts des Arbeitgebers zu der Wohnung des Arbeitnehmers. Der Fantasie sind in diesem Kontext keine Grenzen gesetzt. Die Gerichte werden es am Ende wieder zu richten haben.

Ein Gesetz, das weder der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat dienlich ist noch Regelungen enthält, die unbedingt erforderlich sind, um der voranschreitenden Digitalisierung gerecht zu werden. Arbeitgeber und Betriebsräte sind schon seit Jahrzehnten mit täglich neuen Herausforderungen der Digitalisierung konfrontiert und waren auch bislang in der Lage, mit den bestehenden Normen sachgerechte Lösungen zu finden. Alles in allem ein Gesetz, nach dem keiner gerufen hat.

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