Tarifeinheitsgesetz – Welche Gewerkschaft hat das Sagen im Betrieb?

Wichtige Vorbemerkung: Der nachfolgende Beitrag wurde ausschließlich mithilfe des „K.I.-Tools“ ChatGPT Model GPT-4 erstellt.

In diesem Blogbeitrag wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, wie die nach § 4a Tarifvertragsgesetz (TVG) notwendige Feststellung der Mehrheitsgewerkschaft in den Betrieben eines Unternehmens in der Praxis durchgeführt werden kann. Dazu werden wir die vorhandene Rechtsprechung sowie die einschlägige juristische Fachliteratur heranziehen und den aktuellen Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 16.01.2023 (17 TaBV 36/22) als Beispiel verwenden.

Der Regelungsgehalt von § 4a TVG

§ 4a TVG regelt die Anwendung von Tarifverträgen bei konkurrierenden Gewerkschaften in einem Betrieb. Die Vorschrift besagt, dass im Falle von kollidierenden Tarifverträgen der Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft im Betrieb Anwendung findet. Ziel dieser Regelung ist es, Rechtsklarheit und -einheit in Betrieben zu schaffen, in denen verschiedene Gewerkschaften um die Vertretung der Arbeitnehmerinteressen konkurrieren.

Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendung von § 4a TVG sind, dass zwei oder mehrere Gewerkschaften in einem Betrieb vertreten sind und sie unterschiedliche Tarifverträge abgeschlossen haben, die miteinander kollidieren. In diesem Fall kommt die Rechtsfolge des § 4a TVG zum Tragen: Der Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft, also derjenigen Gewerkschaft, die im Betrieb mehr Mitglieder vertritt, wird angewendet.

Der Begriff „Betrieb“ im Sinne von § 4a TVG ist in Anlehnung an § 1 BetrVG auszulegen und meint die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber alleine oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von technischen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen.

Ist § 4a TVG verfassungskonform?

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 11. Juli 2017 (1 BvR 1571/15, 1 BvR 1588/15, 1 BvR 2883/15 und 1 BvR 1043/16) die Regelung des § 4a TVG als verfassungskonform erachtet. Das Gericht hat dabei die Tarifeinheit im Grundsatz als mit der Verfassung, insbesondere mit der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG, vereinbar erklärt.

Das Bundesverfassungsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Tarifeinheit ein legitimes Ziel verfolge, nämlich die Schaffung von Rechtsklarheit und Einheitlichkeit in der betrieblichen Anwendung von Tarifverträgen. Zudem diene die Regelung der Vermeidung von Tarifpluralität, die zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Gewerkschaften führen und die kollektive Interessenvertretung der Arbeitnehmer schwächen könnte. Das Gericht stellte jedoch klar, dass die Regelung in § 4a TVG verfassungskonform ausgelegt und angewendet werden müsse. Insbesondere müsse bei der Anwendung der Vorschrift das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Das bedeutet, dass die Tarifeinheit nicht dazu führen darf, dass die Interessen einer Minderheitsgewerkschaft völlig ignoriert oder übergangen werden.

Das Bundesverfassungsgericht stellte einige Anforderungen an die verfassungskonforme Anwendung von § 4a TVG:

  • Die Feststellung der Mehrheitsgewerkschaft muss transparent und nachvollziehbar erfolgen, um die Rechte der beteiligten Gewerkschaften zu wahren.
  • Die Minderheitsgewerkschaft muss die Möglichkeit haben, ihre Interessen in der betroffenen Arbeitnehmergruppe weiterhin zu vertreten, etwa durch den Abschluss von Tarifverträgen für spezielle Regelungsgegenstände, die nicht vom Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft erfasst werden.
  • Das Prinzip der Tarifeinheit darf nicht dazu führen, dass das Streikrecht der Minderheitsgewerkschaft unverhältnismäßig eingeschränkt wird. Das Gericht stellte fest, dass die Minderheitsgewerkschaft weiterhin das Recht haben muss, für ihre Forderungen zu streiken, solange der Streik verhältnismäßig und rechtmäßig ist.

Zusammenfassend hat das Bundesverfassungsgericht § 4a TVG für verfassungskonform erklärt, sofern die Vorschrift im Einklang mit der Verfassung, insbesondere der Koalitionsfreiheit, ausgelegt und angewendet wird. Dabei müssen die Interessen der beteiligten Gewerkschaften angemessen berücksichtigt und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden.

Wie wird die Mehrheitsgewerkschaft im Betrieb ermittelt?

In der Praxis gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Mehrheitsgewerkschaft im Sinne von § 4a TVG zu ermitteln. Eine verbindliche Methode ist im Tarifeinheitsgesetz nicht festgelegt, daher sind unterschiedliche Ansätze denkbar.

Befragung der Arbeitnehmer

Eine Möglichkeit, die Mitgliederzahlen der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften zu ermitteln, besteht darin, die Arbeitnehmer nach ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit zu fragen. Allerdings ist diese Vorgehensweise datenschutzrechtlich problematisch. Die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten ist nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit stellt eine Erhebung personenbezogener Daten dar. Art. 9 DSGVO verbietet jedoch die Verarbeitung von Daten, aus denen die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgeht, es sei denn, es liegt eine ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen vor oder die Verarbeitung ist zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen erforderlich.

Das bedeutet, dass der Arbeitgeber nicht einfach so die Arbeitnehmer nach ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit fragen und diese Daten verarbeiten darf. Eine Ausnahme könnte bestehen, wenn die betroffenen Arbeitnehmer ihre Einwilligung in die Erhebung und Verarbeitung ihrer Daten geben. Allerdings müsste die Einwilligung freiwillig und informiert abgegeben werden, was in der betrieblichen Praxis schwierig umzusetzen sein kann.

Ergebnisse der letzten Betriebsratswahl

Ein möglicher Indikator für die Mehrheitsgewerkschaft kann die Zusammensetzung des Betriebsrats sein, insbesondere wenn die Betriebsratsmitglieder auf Gewerkschaftslisten kandidiert haben. Die Ergebnisse der Betriebsratswahl könnten somit als Indiz für die Stärke der jeweiligen Gewerkschaften im Betrieb herangezogen werden. Allerdings ist dieser Ansatz nicht immer aussagekräftig, da die Betriebsratswahl nicht zwingend die Mitgliederzahlen der Gewerkschaften im Betrieb widerspiegelt. Zudem können auch nicht-gewerkschaftliche Listen bei Betriebsratswahlen vertreten sein.

Tarifbindungsanzeigen

Ein weiterer Ansatz zur Ermittlung der Mehrheitsgewerkschaft sind Tarifbindungsanzeigen. Dabei geben Arbeitnehmer auf freiwilliger Basis gegenüber dem Arbeitgeber oder dem Betriebsrat ihre Gewerkschaftszugehörigkeit an. Durch die Auswertung dieser Angaben könnte der Arbeitgeber eine Einschätzung über die Stärke der jeweiligen Gewerkschaften im Betrieb gewinnen. Dieser Ansatz ist jedoch auch datenschutzrechtlich problematisch und setzt die freiwillige Mitwirkung der Arbeitnehmer voraus.

Notarielle Ermittlung

Eine weitere Möglichkeit, die Mehrheitsgewerkschaft zu ermitteln, ist die Beauftragung eines Notars. Dabei kann das Arbeitsgericht im Rahmen eines Verfahrens nach § 99 ArbGG den Notar beauftragen, die Verbandszugehörigkeit der Arbeitnehmer zum maßgeblichen Zeitpunkt (Stichtag) festzustellen. Der Notar erhält dazu eine Liste der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber und gleicht diese mit den von den Gewerkschaften zur Verfügung gestellten Mitgliederlisten ab. Der Notar unterliegt der Verschwiegenheitspflicht (§ 18 BNotG), wodurch der Datenschutz gewährleistet ist. Die Kosten der notariellen Erklärung fallen als Verfahrenskosten der Staatskasse zur Last.

Verfahren nach § 99 ArbGG

Schließlich kann der Arbeitgeber ein Verfahren vor den Arbeitsgerichten nach § 99 ArbGG einleiten. Das Verfahren nach § 99 ArbGG ist ein Feststellungsverfahren, das dazu dient, bei konkurrierenden Tarifverträgen zu klären, welcher Tarifvertrag im Betrieb zur Anwendung kommt. Dabei spielt die Ermittlung der Mehrheitsgewerkschaft eine wichtige Rolle.

Antragsbefugt in einem Verfahren nach § 99 ArbGG sind die beteiligten Tarifvertragsparteien, also die Gewerkschaften und die Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberverbände, die die konkurrierenden Tarifverträge abgeschlossen haben. Auch ein Arbeitgeber, der einem Arbeitgeberverband angehört, der einen der betroffenen Tarifverträge abgeschlossen hat, kann einen solchen Antrag stellen. In diesem Fall handelt es sich um einen sogenannten Verbandsarbeitgeber.

Durch die gerichtliche Entscheidung erhält der Arbeitgeber Rechtssicherheit darüber, welcher Tarifvertrag im Betrieb anzuwenden ist, und kann so seinen arbeitsrechtlichen Pflichten nachkommen. Zugleich wird durch das Verfahren sichergestellt, dass die Interessen der verschiedenen Gewerkschaften und ihrer Mitglieder angemessen berücksichtigt werden.

Welche Handlungsmöglichkeiten hat der Betriebsrat?

Zum Schluss wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, ob auch der Betriebsrat eine Möglichkeit hat, an der Feststellung der Mehrheitsgewerkschaft im Betrieb mitzuwirken. Dabei wollen wir den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 16.01.2023 (Az.: 17 TaBV 36/22) näher betrachten.

In dem Verfahren ging es um die Frage, ob der Betriebsrat einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn AG Auskunft über gewerkschaftliche Mitgliedsverhältnisse, Tarifbindungsanzeigen und Wertungen im Rahmen der Feststellung der betrieblichen Mehrheitsgewerkschaft verlangen kann. Die Arbeitgeberin hatte nach dem Auslaufen der tarifvertraglichen Vereinbarung mit der GDL zum 31.12.2020 den Betriebsrat informiert, dass die GDL als betriebliche Mehrheitsgewerkschaft anzusehen sei und künftig der Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft angewendet werde. Der Betriebsrat begehrte daraufhin Auskünfte, um die Entscheidung der Arbeitgeberin überprüfen zu können.

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen wies die Beschwerde des Betriebsrats zurück. Es stellte fest, dass der Betriebsrat keinen hinreichenden Aufgabenbezug dargelegt habe und nicht als dem Arbeitgeber übergeordnetes Kontrollorgan fungiere. Darüber hinaus sei die Erforderlichkeit der begehrten Auskünfte nicht nachgewiesen worden. Der Großteil der benannten Tarifverträge sei erst zum 01.03.2021 abgeschlossen worden, sodass Auskünfte zum Stichtag 01.01.2021 nicht erforderlich seien. Zudem könnten die angeforderten Informationen dem Betriebsrat keine tragfähige Grundlage für eine eigene Mehrheitsfeststellung bieten, da sie nur einen Ausschnitt der gewerkschaftlichen Mitgliederzahlen im Betrieb abbildeten.

Fazit

Insgesamt ist die Ermittlung der Mehrheitsgewerkschaft in der Praxis häufig komplex und erfordert die Kombination verschiedener Methoden, um eine möglichst genaue und rechtssichere Feststellung zu treffen. Dabei sollte der Arbeitgeber stets die datenschutzrechtlichen Vorgaben beachten und darauf achten, dass die Ermittlung der Mehrheitsgewerkschaft auf betrieblicher Ebene erfolgt.

Standard