Nachschieben von Kündigungsgründen

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 12. Januar 2021 (2 AZN 724/20) eine Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen, mit der Begründung, dass die Beschwerde nicht in der gesetzlichen Form begründet worden sei. Eine an sich unspektakuläre Entscheidung. Es ist nicht ungewöhnlich, dass die von der, vor dem Landesarbeitsgericht unterlegene, Prozesspartei die Zulässigkeitshürde für eine sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde nicht nimmt. Der 2. Senat am Bundesarbeitsgericht hat dieses Verfahren jedoch zum Anlass genommen, eine schon lange in der rechtswissenschaftlichen Diskussion noch nicht abschließend beantwortete Rechtsfrage zu beantworten und so für Klarheit zu schaffen. Es geht dabei um folgendes Problem:

Neue Kündigungsgründe nach Ausspruch der Kündigung?

Will der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund aussprechen, muss er die Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Kenntnis des Kündigungsgrunds erklärt haben. Ist die Frist nicht gewahrt, ist die fristlose Kündigung zwingend unwirksam. Die bislang nicht geklärte Frage ist die, ob der Arbeitgeber die fristlose Kündigung dadurch reparieren kann, dass er im Laufe des gerichtlichen Verfahrens neue Gründe vorbringt.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Nachschieben von Kündigungsgründen möglich ist. Voraussetzung ist lediglich, dass die nachgeschobenen Kündigungsgründe erst nach Ausspruch der Kündigung bekannt werden, aber vor dem Ausspruch der Kündigung schon vorlagen. Besteht ein Betriebsrat, muss der Betriebsrat ergänzend angehört werden, bevor die Gründe in den Rechtsstreit eingeführt werden können. Streitig war, ob dies auch gilt, wenn die erste Kündigung nicht fristgerecht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist ausgesprochen worden war.

Das Bundesarbeitsgericht hat in dem genannten Beschluss dies ausdrücklich für zulässig erklärt und ergänzend ausgeführt, dass es sogar möglich sei, die Kündigung ohne einen „ansatzweise tragfähigen Grund gleichsam blanko“ auszusprechen und erst später mit einem Grund zu rechtfertigen, der nachträglich bekannt geworden ist. Unter Verweis auf die §§ 4 und 7 KSchG geht der 2. Senat am Bundesarbeitsgericht davon aus, dass ein solches Vorgehen grundsätzlich nicht zu missbilligen ist.

Fazit

Damit steht fest:

  • Bei einer fristlosen Kündigung kann ein Kündigungsgrund auch dann nachgeschoben werden, wenn die Kündigungsgründe verfristet sind i.S.d. § 626 Abs. 2 BGB und deshalb die Kündigung ohne nachgeschobenen Grund unwirksam wäre.
  • Der Arbeitgeber kann im Rechtsstreit um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung Gründe nachschieben, wenn zunächst keine tragfähigen Gründe für die Kündigung vorlagen, diese also „grundlos“ erklärt worden ist.

 

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