Betriebsratswahl 2022 und die „Smiley-Entscheidung“ des BAG

Nächstes Jahr ist Wahljahr. In der Zeit zwischen dem 01. März und dem 31. Mai 2022 finden wieder die regulären Betriebsratswahlen statt. Der betriebliche Wahlkampf hat vielerorts schon begonnen. Neben der Betriebspolitik bereitet die Wahl wie immer auch formale Herausforderungen. Das Wahlverfahren ist komplex und die gesetzlichen Vorgaben im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und der Wahlordnung (WO) beantworten nicht alle Fragen zufriedenstellend. Dabei müssen Fehler unbedingt vermieden werden, wenn das Risiko einer Wahlanfechtung minimiert werden soll. Die aktuelle „Smiley-Entscheidung“ des BAG macht deutlich, dass der Fehlerteufel dabei auch im Detail stecken kann.

Die „Smiley- Entscheidung“

Obwohl sich die Entscheidung des BAG vom 28. April 2021 (7 ABR 20/20) nicht mit einer Betriebsratswahl befasst, ist die Entscheidung dennoch auch hierfür relevant. Worum geht es?

Bei einer Aufsichtsratswahl der Arbeitnehmer hat ein Wähler in der linken oberen Ecke eines Stimmzettels einen Smiley mit einem Durchmesser von ca. 1 cm gezeichnet. Auf diesem war der Name eines Kandidaten angekreuzt. Der Wahlvorstand erklärte den Stimmzettel wegen des Smileys für unwirksam. Nachdem bei diesem Kandidaten und einem weiteren Kandidaten die gleiche Stimmenanzahl ausgezählt wurde, führte der Wahlvorstand ein Losverfahren durch, welches zu Gunsten des anderen Kandidaten ausging. Hätte man den mit dem Smiley versehenen Stimmzettel nicht für ungültig erklärt, wäre der dort angekreuzte Kandidat zum Aufsichtsratsmitglied gewählt gewesen.

Der 7. Senat hat entschieden, dass der mit einem Smiley versehene Stimmzettel ungültig ist, weil er gegen § 13 Abs. 3 Nr. 3 WODrittelbG verstößt. Die Vorschrift ist eine wesentliche Verfahrensvorschrift zur Wahrung des Grundsatzes der geheimen Wahl und erklärt Stimmzettel für ungültig, wenn sie mit einem besonderen Merkmal versehen sind. Dabei muss das besondere Merkmal geeignet sein, aus sich heraus oder im Zusammenwirken mit anderen Umständen Rückschlüsse auf einen bestimmten Wähler zu ermöglichen.

Grundsatz der Geheimheit der Betriebsratswahl

Die Ausführungen des BAG zu den Folgen eines besonderen Merkmals auf einem Stimmzettel bei einer Aufsichtsratswahl gelten ebenfalls für Betriebsratswahlen, da auch der Betriebsrat in unmittelbarer und geheimer Wahl zu bilden ist (§ 14 Abs. 1 BetrVG). Daher existiert eine dem § 13 Abs. 3 Nr. 3 WODrittelbG inhaltsgleiche wesentliche Verfahrensvorschrift auch für die Betriebsratswahl in § 11 Abs. 4 WO. Hier heißt es:

„Stimmzettel, die mit einem besonderen Merkmal versehen sind oder aus denen sich der Wille der Wählerin oder des Wählers nicht unzweifelhaft ergibt oder die andere Angaben als die in Absatz 1 genannten Vorschlagslisten, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten, sind ungültig.“

Neben einem besonderen Merkmal auf dem Stimmzettel erklärt die Vorschrift auch solche Stimmzettel für ungültig, aus denen sich beispielsweise der Wille der Wählerin oder des Wählers nicht unzweifelhaft ergibt. Obwohl es sich hierbei um unbestimmte Begriffe handelt, die der Auslegung im konkreten Einzelfall bedürfen, wird mit dieser erweiternden Klarstellung das Wahlgeheimnis als elementaren Grundsatz einer Betriebsratswahl zum Ausdruck gebracht, der durch eine hypothetische Betrachtung in der Praxis gewahrt wird. Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zeigt, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der geheimen Wahl nicht erst dann vorliegt, wenn der Wähler tatsächlich beobachtet worden ist. Vielmehr genügt es, wenn der Wähler subjektiv die Überzeugung haben konnte, dass eine Rückverfolgung auf seine Person möglich ist.

Stimmzettel müssen die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung aufweisen. Solch eine einheitliche Gestaltung soll verhindern, dass die Stimmabgabe des Wählers einer anderen Person bekannt werden kann. Dabei müsse man, so das BAG in seinem Beschluss vom 28. April 2021 (7 ABR 20/20), im Zweifel von der Ungültigkeit ausgehen, wenn ein Stimmzettel zusätzliche Kennzeichen enthalte. Es reiche das Risiko, dass das Merkmal als Nachweis einer abgesprochenen Stimmabgabe geeignet sein könne.

Für den Wahlvorstand ist die Einhaltung des Wahlgeheimnisses oberstes Gebot. Daher schreibt die Wahlordnung in §§ 11 Abs. 1 Satz 2, 12 Abs. 3 WO weiterhin die Verwendung von Wahlumschlägen bei der Stimmabgabe vor. Anders als beispielsweise bei der Wahl der Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat oder der Bundestagswahl, wo dem Grundsatz der geheimen Wahl mittlerweile durch die Faltung von Stimmzetteln Rechnung getragen wird, hat der Verordnungsgeber der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz keine Änderungen vorgenommen.

Auch hierzu entschied das BAG in seinem weiteren Beschluss vom 20. Januar 2021 (7 ABR 3/20), dass eine Missachtung dieser Regel zu einer Wahlanfechtung berechtigen kann.In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Wahlvorstand im Wahllokal keine Wahlumschläge zur Verfügung gestellt . Das BAG erklärte die Betriebsratswahl wegen Verstoßes gegen §§ 11 Abs. 1 Satz 2, 12 Abs. 3 WO für unwirksam. Er führte auch hier wieder eine hypothetische Betrachtung durch und betonte, dass nicht auszuschließen sei, dass das Wahlergebnis bei Verwendung von Wahlumschlägen anders ausgefallen wäre. Etwas anderes gelte nur, wenn die fehlende Kausalität positiv festgestellt werden könne.

Außerdem: BAG Urteil vom 28. April 2021 (7 ABR 10/20)

Zuletzt sei noch auf einen weiteren Beschluss aus Erfurt vom 28. April 2021 hingewiesen. In diesem Beschluss (Az. 7 ABR 10/20) hat das BAG klargestellt, dass die Einhaltung der Zweiwochenfrist für die Einreichung der Vorschlagslisten nicht zur Disposition des Wahlvorstands steht. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 8 WO müssen Vorschlagslisten vor Ablauf von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand eingereicht werden. Der Zeitpunkt, bis zu dem Vorschläge eingereicht werden können, darf nicht vor dem Zeitpunkt liegen, zu dem die Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer des Betriebs an diesem Tag endet. Wird keine Uhrzeit angegeben, endet die Frist um 24 Uhr und nicht zu den betriebsüblichen Zeiten. Den Wahlvorstand trifft die Pflicht, geeignete Vorkehrungen dafür zu treffen, damit der Zugang bis 24 Uhr bewirkt werden kann.

Fazit

Die jüngst ergangenen Entscheidungen des BAG verdeutlichen erneut die Unverzichtbarkeit der Einhaltung der Wahlrechtsgrundsätze und der Vorschriften aus der Wahlordnung. Mögliche Unsicherheiten bei der Auslegung gehen zu Lasten der Wirksamkeit der Betriebsratswahl. Will der Betriebsrat einwenden, dass ein Verstoß gegen wesentliche Verfahrensvorschriften keine Beeinflussung des Wahlergebnisses zur Folge hat, muss er selbst die Beweise anbringen, anhand denen die fehlende Kausalität positiv festgestellt werden kann. Er kann sich nicht auf die Ermittlung der Arbeitsgerichte verlassen. Es ist daher Aufgabe des Wahlvorstands, schon bei der Vorbereitung der Wahl auf die strikte Einhaltung der Wahlordnung zu achten und die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte im Blick zu behalten.

 

 

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