Kann ein Geschäftsführer auch Arbeitnehmer sein?

Das Bundesarbeitsgericht musste sich im Urteil vom 27. April 2021 (2 AZR 540/20) mit dem Dauerbrennerthema befassen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Geschäftsführer einer GmbH als Arbeitnehmer angesehen werden kann. Im entschiedenen Fall ging es um eine Kündigungsschutzklage.

Die Entscheidung des BAG

Der Geschäftsführer hat vor dem Arbeitsgericht Klage erhoben, mit der Begründung, er sei Arbeitnehmer. Das Bundesarbeitsgericht war anderer Auffassung. Die Kündigungsschutzklage wurde abgewiesen. In Grunde keine neue Erkenntnis. Wichtig ist die Entscheidung aber schon deshalb, weil sich das Gericht intensiv sowohl mit dem nationalen Arbeitnehmerbegriff wie auch dem unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff befasst. Bezogen auf die Anwendung des Kündigungsschutzprozesses bestimmt § 14 Abs.1 Nr. 1 KSchG, dass der Geschäftsführer einer GmbH aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen ist. Der Geschäftsführer einer GmbH wird für diese in aller Regel auf der Grundlage eines freien Dienstvertrages und nicht eines Arbeitsvertrages tätig. Auch gegenüber einem Geschäftsführer steht der Gesellschaft ein unternehmerisches Weisungsrecht zu (§ 37 Abs. 1 GmbHG). Dies hat zur Folge, dass die Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers kein Argument dafür ist, dass der Geschäftsführer auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses tätig wird. Nach Auffassung des Gerichts könne allenfalls dann von einem Arbeitsverhältnis ausgegangen werden, wenn die Weisungsbefugnis auch solche Umstände betrifft, unter denen der Geschäftsführer seine Leistung zu erbringen hat oder konkrete Modalitäten der Leistungserbringung durch arbeitsbegleitende und verfahrensorientierte Weisungen bestimmt werden.

Das Bundesarbeitsgericht verweist seit vielen Jahren auf diese mögliche Ausnahmesituation, hat jedoch noch nie eine solche Ausnahmesituation für gegeben angesehen und deshalb auch noch nie judiziert, dass der Geschäftsführer einer GmbH Arbeitnehmer im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes sei.

Das Gericht führt weiter aus, dass der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff auf die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes keine Auswirkung hat. Unionsrechtlich gesehen kann ein Geschäftsführer Arbeitnehmer sein. Dies betrifft jedoch nur solche Sachverhalte, die unionsrechtlich geregelt sind, wie beispielsweise der Mutterschutz oder der Mindesturlaub. Sind Lebenssachverhalte durch die EU über Verordnungen oder Richtlinien geregelt, muss bei der Auslegung des Arbeitnehmerbegriffs das EU Recht zugrunde gelegt werden. Das Kündigungsschutzgesetz ist mit Ausnahme des dort geregelten Massenentlassungsrechts, ausschließlich national geprägt, wird also von keiner europäischen Norm überlagert, so dass der Geschäftsführer nicht mit einem Verweis auf das Unionsrecht Kündigungsschutz beanspruchen kann.

Fazit

Auch nach dieser Entscheidung bleibt es bei der Erkenntnis, dass Geschäftsführer keine Arbeitnehmer im kündigungsschutzrechtlichen Sinne sind. Für Vorstände einer Aktiengesellschaft verbietet sich eine solche Diskussion schon nach § 76 Abs. 1 AktG. Danach leitet der Vorstand in eigener Verantwortung die Gesellschaft, ist also nicht an Weisungen gebunden, weder an Weisungen durch den Aufsichtsrat, noch an solche durch die Hauptversammlung.

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